Die Fassaden schweigen

[…] So ist das. Ein Bild, das deinen Blick nicht zurückgibt. Fremd bleiben will. Wie diese graue Strasse in Paris, die Feuchtigkeit des letzten Regengusses noch auf dem Pflaster: müde, trübe Spiegel für den Himmel, der sich längst verschlossen hat. Die Fassaden, unpersönlich und abweisend: Hör auf damit, es geht dich nichts an. Es ist nichts hinter den Dingen. Warum gibst du dich nicht endlich zufrieden damit.

Aber die Namen: Rue Labat. Hotel Mayflower. Via dell’Idroscalo. Bois de Vincennes. Campo dei Fiori. So dass du sie singen könntest, ein jeder ein Lied. Was dich anzieht, ist jedoch weniger ihre Melodie als die Geschichten, die sich mit ihnen verbinden. Orte, an denen etwas zu seinem Ende gekommen ist. Hier verbrannte Giordano Bruno. Hier blickte Marguerite Gertrude Zelle, genannt Mata Hari, in die Gewehrläufe. Hier wurde Pier Paolo Pasolini umgebracht. Hier erhängte sich Ernst Toller. Hier schrieb Sarah Kofman das letzte Kapitel ihrer Autobiographie. […]