Matter of Fact

Angesichts des tragischen Todes von Lady Diana und der Bilderflut ihres Unfallortes mutet die Fotoserie, die die Kölner Künstlerin Doris Frohnapfel nun in der Artothek (zuvor im Juli in einer Gruppenausstellung im Maryland Art Place in Baltimore, wenige Tage nach Gianni Versaces Ermordung) präsentierte, unheimlich aktuell an: Die 20 S/W Aufnahmen (je 25 x 35 cm) an den Wänden zeigen eine Reihe solcher „Katastrophenschauplätze“, genauer: 20 Orte bzw. Stätten, an denen Persönlichkeiten der Kultur- bzw. Zeitgeschichte auf tragische Weise ihr Leben ließen. Den zweiten Teil der Ausstellung bildet ein ausliegendes Buch, auf dessen Seiten Frohnapfel mit Textzitaten und biografischen Anmerkungen die jeweiligen Persönlichkeiten bzw. deren Schicksale vorstellt. Die von der Künstlerin subjektiv zusammengestellte Liste liest sich aphabetisch etwa von Jean Améry (1912-1978) bis hin zu Henriette Vogel (1780-1811), oder, historisch von Seneca (um 4 v, Chr.- 65 n. Chr.) bis hin zu Sarah Kofman (1934-1994). Es handelt sich also um mehr oder minder bekannte Namen aus Literatur, Wissenschaft, Philosophie oder Kunst, schließlich auch um eine fiktive Gestalt („Lucy Jaordan“ aus dem Popsong von Marianne Faithful); Männer und Frauen halten sich die Waage. Entstanden ist die Serie innerhalb von gut drei Jahren, die Aufnahmen selbst 1995 auf einer längeren Reise, die Frohnapfel von Paris über Rom bis in die USA führte hin zu insgesamt 15 Stätten und Orten, die sie direkt aufsuchte bzw. anhand von verschiedener Quellen zu rekonstruieren suchte. Die einheitlichen Formate, Ortsbeschriftungen und Rahmen wie auch das Textbuch lassen die Serie als konzeptionelle Arbeit erkennen, die zugleich von einer höchst poetischen Dichte gekennzeichnet ist. Die menschenleeren Aufnahmen bewegen sich, ganz wie die Regenbogenpresse und doch so anders, zwischen Dokumentation (im Sinne von „Authentizität“) und Fiktion. Sie sind formal dem jeweiligen Ort und der Person nachempfunden und eine ganz persönliche, höchst sensible Hommage, die den Betrachter zum eigenen nachempfinden, dem Ahnen und Erinnern von Schicksalen einlädt.